Friedrich Staps: Märtyrer oder Terrorist?

16. Oktober 2011

Am 16. Oktober 1809, also genau heute vor 202 Jahren wurde ein weitestgehend vergessener Naumburger, Friedrich Staps, der ein kleines Stück Weltgeschichte schrieb, in Schönbrunn bei Wien hingerichtet.
Wer war er und wie kam es dazu?

Friedrich Staps wurde am 14. März 1792 als Sohn des Pfarrers der Othmarskirche geboren. Es wird berichtet, dass er sich schon früh von anderen gleichaltrigen Kindern unterschied: während diese lieber herumtollten war er ruhig, grüblerisch und etwas schüchtern, las viel und am liebsten Bücher zur Geschichte. Da sein Vater erkannte, dass dem Jungen Latein eher schwer fiel, dafür Rechnen und die französische Sprache umso leichter, schickte er ihn mit 14 Jahren zu einer kaufmännischen Lehre nach Erfurt in die Firma Rothstein, Lentin & Co. Die Firmeninhaber schätzten den heranwachsenden jungen Mann, seine Aufmerksamkeit und sein fleißiges Lernen. 

Das Verhältnis zu seinen Eltern war offensichtlich gut, so dürfte er mit Sicherheit erfahren haben, dass nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 in der Othmars- Kirche ein Lazarett eingerichtet wurde mit all den damit verbundenen Leiden. Er wiederum berichtete seinen Eltern von dem Zusammentreffen Napoleons mit dem Zaren Alexander I. am 27. September 1808 in Erfurt.

Seine gleichaltrigen Freunde hatten wie er keinen Hang zu politischen Debatten. Doch müssen die Kriegsereignisse, vielleicht die Niederlage der österreichischen Armee gegen die französischen Truppen in der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809, die bis zu 80.000 Soldaten den Tod brachte, ein gewisses Umdenken bei Friedrich Staps bewirkt haben. Eines Abends äußerte er seinen Freunden gegenüber die Möglichkeit eines Attentats auf Napoleon, lenkte aber gleich wieder von dem Gedanken ab, als er die entsetzten Reaktionen seiner Freunde sah.

Ende September 1809 schickte er seiner Mutter einen Abschiedsbrief, borgte sich Geld und besorgte sich einen Reisepass. Über Ilmenau, Bayreuth und Regensburg gelangte Staps nach Wien, wo Napoleon auf Schloss Schönbrunn residierte und Paraden abhielt. Von französischen Soldaten in seiner Herberge erfuhr er näheres dazu und schaute sich am 8. Oktober das Spektakel an. Danach kaufte er in Wien in einem Laden ein Küchenmesser und ließ beide Seiten der Klinge scharf und zu einer Spitze schleifen.

Am Mittag des 12. Oktobers, als Napoleon anlässlich einer weiteren Parade mit großem Gefolge die Freitreppe des Schlosses herab schritt, drängte Staps sich mit dem Messer in einer Schriftrolle bis auf zwei Schritte an den Kaiser heran. Dann wurde er festgehalten und durchsucht, wobei man das Messer fand. Daraufhin wurde er verhaftet. Bei einem Verhör bekannte er ohne Zögern, dass er den Kaiser hatte töten wollen. Als Napoleon davon erfuhr, ließ er ihn vorführen und befragte ihn persönlich. Dabei bekannte Staps, das er ihn töten wollte, weil er das Unglück seines Landes verschuldet hat und das er bei einer Begnadigung wieder versuchen würde, ihn zu töten.

Staps wurde zum Tode verurteilt und am 16. Oktober hingerichtet. Der Attentatsversuch wurde totgeschwiegen und die Akten darüber kamen auf Befehl Napoleons ins französische Nationalarchiv. Erst als Napoleons Macht 1814 gebrochen war, konnten die Nachforschungen der Angehörigen und Freunde über Staps Verbleib beginnen. Sein Vater gab 1821 eine Anzeige im Naumburger Kreisblatt auf, dass sein Sohn Fritz "ein freiwilliges Opfer deutscher Vaterlandsliebe", 1809 in Schönbrunn sein Grab fand.

Wie ist nun aber Staps Attentatsversuch aus heutiger Sicht zu werten? In verschiedenen Veröffentlichungen wird er als Fanatiker, Märtyrer bzw. als Held der Freiheitskämpfe bezeichnet. Aber: gibt es ein Recht auf Widerstand, ist ein Attentat auf einen Staatsmann rechtlich legal? Wenn wir die Fragen verneinen, dann war Staps nur ein Terrorist, oder?

(s. auch Eberhard Kaufmann, Burgenland-Journal vom 23.03.2002; Martin Stolzenau, NTB vom 03.10.2009; Detlef Belau: www.naumburg1933.de)

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