475. Jahrestag der Weihe des weltweit ersten evangelischen Bischofs in Naumburg

3. Januar 2017

Am 20. Januar 1542 war Naumburg Schauplatz eines welthistorischen Ereignisses, dessen 475. Jahrestag wir im Jahr 2017 begehen: Nikolaus von Amsdorf (* 3.12.1483 in Torgau; † 14.05.1565 in Eisenach) wurde im Naumburger Dom zum weltweit ersten evangelischen Bischof geweiht.

Wie kam es knapp 25 Jahre nach dem Beginn der Reformation zu diesem Ereignis, dass heute kaum bekannt zu sein scheint?

Am 5. Januar 1541 starb in Freising Philipp von Freising (* 5.07.1480 in Heidelberg), der seit 1517 Naumburger Bischof gewesen war. Daraufhin wählte das Domkapitel den katholischen Julius von Pflug (* 1499 in Eythra; † 3.09.1564 in Zeitz), der zuvor Dompropst in Zeitz und Domdechant von Meißen war, zum neuen Bischof, ohne den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, den Schutzherrn des Naumburger Bistums, zu informieren und dessen Zustimmung einzuholen.

Dem Kurfürsten gefiel das gar nicht, wollte er doch möglichst das Stiftsgebiet vollkommen seiner Herrschaft unterstellen und die Reformation im Bistum Naumburg durchsetzen.

Er nutzte deshalb die Bedenkzeit zur Annahme der Wahl, die Julius von Pflug sich erbeten hatte aus, um einen eigenen Kandidaten für das Bischofsamt aufzustellen. Dieser Kandidat war Nikolaus von Amsdorf, der ihm für die Durchsetzung seiner Interessen geeignet zu sein schien.

Amsdorf war Professor der Theologie in Wittenberg. Als enger Freund und Mitstreiter Martin Luthers hatte er seit 1524 in Magdeburg das Amt des Superintendenten inne und dort die Reformation durchgesetzt.

02 Markt 13Und so nahm das Ereignis seinen Lauf: am 18. Januar 1542 kamen Nikolaus von Amsdorf, Martin Luther, Philipp Melanchthon und Georgius Curio nachmittags nach Naumburg und quartierten sich im Hause der Witwe des Stadtschreibers Ambrosius Dörffer, heute Markt 13 ein.

Knapp 2 Stunden später folgten der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, sein Bruder Johann Ernst und der Herzog Ernst von Braunschweig mit ihrem Gefolge „alle Dinge zusammengerechnet 300 Pferde stark, …, schwarz gekleidet gewesen und haben Spieße und Gewehr geführet“.

Noch am Abend des gleichen Tages begannen die Wahlverhandlungen über die Bischofseinsetzung mit den Räten der Städte Naumburg und Zeitz sowie den evangelisch gesinnten Stiftsständen. Dabei galt es insbesondere die Bedenken beim Naumburger Rat gegen die Einsetzung eines neuen Bischofs zu zerstreuen, da der sich durch die dem alten Bischof gegenüber geleistete Eidesverpflichtung an das Domkapitel gebunden sah.

Die Verhandlungen unter Einbeziehung von Martin Luther, Philipp Melanchthon und Georg Spalatin, die als kurfürstliche Berater wirkten, dauerten bis zum Abend des 19. Januars an. Am 20. Januar um 7 Uhr morgens stimmten schließlich alle der geplanten Bischofseinsetzung zu.

01 DomZwei Stunden später begann im Naumburger Dom die Einführung von Nikolaus von Amsdorf in das Amt des Naumburger Bischofs.

Daran nahmen der Kurfürst Johann Friedrich und dessen Bruder Johann, die Stiftsstände sowie die Ratsherren von Naumburg und Zeitz teil. Anwesend waren auch evangelische Geistliche aus Naumburg, wie der Naumburger Superintendent Nicolaus Medler, der Abt von St. Georgen Thomas Hebenstein, der Probst von St. Moritz Christoph Drechsler sowie zwei Mitglieder des katholischen Domkapitels.

Aus Naumburg und der näheren Umgebung war eine große Zahl von Gläubigen „über fünftausend Mann ungefährlich angeschlagen“ herbeigekommen.

Den Ablauf der Bischofsweihe kann man z. B. in Sixtus Brauns „Annales Numburgenses von 799 bis 1613“ nachlesen.

Nach einem Gebet des Vaterunsers wurde die Wahl Amsdorfs zum Bischof verkündet. Danach hielt Luther vom Kreuzaltar vor dem Ostlettner eine Predigt, in der er auf die Verantwortung und die Aufgaben, aber auch auf die Schwierigkeiten und die Bedrohungen einging, die vor dem neuen Bischof standen.

Anschließend kniete Amsdorf auf der obersten Stufe vor dem Altar nieder und wurde von Luther und seine Mitordinatoren gesegnet. Dann führte man Amsdorf begleitet von Gesängen und Orgelklängen in den Chor, wo er in Gegenwart der Fürsten, Räte und Geistlichen auf dem Bischofsstuhl Platz nahm. Dazu erklangen in allen Naumburger Kirchen die Glocken. Mit einem Festmahl, gegeben vom Kurfürsten klang der Tag aus.

Üblicherweise endete in Naumburg eine Bischofseinsetzung mit dem Ablegen des Treuegelübtes durch den Naumburger Bürgermeister, die Ratsherren und die gesamte Bürgerschaft, womit diese den Bischof als weltliche Obrigkeit im Stift anerkannten. Diese Huldigung fand einen Tag später, am 21. Januar 1542 ab 7 Uhr im Naumburger Rathaus statt.

Wegen erheblichen Abweichungen in den Formulierungen der zu leistenden Eidesformel von den früheren gegenüber den Naumburger Bischöfen gegebenen Treuversprechen gab es heftige Diskussionen und Mitglieder des Rates weigerten sich, den Treueid zu leisten. Erst nach Änderungen an der Eidesformel konnte die Huldigung vollzogen werden.

Noch am selben Tag reiste Amsdorf nach Zeitz, um auf der dortigen Bischofsburg seine Residenz zu beziehen.

Die Unkosten der Amtseinführung wurden vom Kurfürsten getragen, der zuvor schon Nikolaus von Amsdorf neu eingekleidet hatte.

Wie ging es mit dem evangelischen Bischof weiter?

Erwartungsgemäß geriet Amsdorf, dessen Herrschaft, wie oben erläutert, auf der Gunst des Kurfürsten beruhte, in weltlichen Angelegenheiten in eine starke Abhängigkeit zum Kurfürstentum.

Seine Einsetzung gegen den ordnungsgemäß vom Naumburger Domkapitel gewählten Julius von Pflug war schließlich einer der Gründe für den Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges, im Verlaufe dessen Julius von Pflug 1546 unter dem Schutz der Truppen Moritz von Sachsens in Naumburg einzog und Amsdorf fliehen musste. Mit einer kurzen Unterbrechung blieb Pflug nun bis zu seinem Tode 1564 Bischof des Bistums Naumburg, welches anschließend nur noch von weltlichen Administratoren verwaltet wurde und später im Kurfürstentum Sachsen aufging.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.