Herbstliche Radtour auf napoleonischen Spuren

19. Oktober 2022

Wenn der Herbst mal wieder auf der Leiter steht und die Blätter bunt anmalt, ist genau die richtige Zeit, um hinaus zu gehen und ihm bei seiner Arbeit zuzusehen. Natürlich kann man das auch vom Fahrrad aus tun. Der Oktober ist auch der Monat, indem es sich anbietet, mal wieder einige Orte zu besuchen, die Zeugen der kriegerischen Ereignisse zwischen 1806 und 1813 in unserer Gegend waren.

Schwingen wir uns also in den Sattel und los geht es. Start- und Zielpunkt unserer Tour soll der Naumburger Marktplatz sein, hier wo Napoleon nach der gewonnen Doppelschlacht von Jena und Auerstädt am 17. Oktober 1806 im Residenzhaus Quartier machte.

Herbsttour 2022Durch die Salzstraße fahren wir erst mal Richtung Roßbach, um auf den Saale-Radweg zu gelangen. Dem folgen wir dann flussaufwärts Richtung Almrich. Links des Weges grüßt uns aus der Ferne unser Dom. Bald nach dem Passieren der Stromschnellen erreichen wir die Mündung der „Kleinen Saale“ in die „große“.

Die kleine Saale ist mit ihren reichlich 5 km Länge eine ingenieurtechnische Meisterleistung der Zisterziensermönche, die sie anlegten, um ihre Abtei Pforte mit Wasser zu versorgen und Mühlen anzutreiben. Wann genau das im 12. Jahrhundert geschah, darüber streiten sich die Gelehrten.

Vorbei an der Mündung geht es weiter flussaufwärts, bis wir die „neue“, im Dezember 2005 eingeweihte Almricher Saalebrücke erreichen. Hier wenden wir uns nach links und fahren ein paar Meter stadteinwärts bis zum Fußgängerüberweg. Bevor wir diesen überqueren und der kleinen Saale folgen, können wir links die nicht sehr ansehnlichen Reste der durch Pfortaer Mönche 1523 errichteten Mahlmühle betrachten. Später als Sägemühle genutzt, wurden hier in den 1970er Jahren letztmalig Baumstämme zerlegt.

Idylle pur erwartet uns im weiteren Verlauf der kleinen Saale, bis wir durch eine kleine Pforte den Park der heutigen Landesschule Pforta auf dem Gelände des früheren Klosters erreichen.

Schon im Jahre 1543 wurde hier vom sächsischen Kurfürsten eine Internatsschule eingerichtet, um begabte Knaben bestmöglich auf ein Universitätsstudium vorzubereiten.

Hier finden wir neben vielen, sehr sehenswerten Bauten mit der Klostermühle das zweite derartige Bauwerk an der kleinen Saale. Das erhaltene Mühlwerk ist heute ein technisches Denkmal.

Durch das Torhaus verlassen wir das Schulgelände und folgen nach Querung der B87 weiter der kleinen Saale, bis wir in Bad Kösen deren Ursprung am Saalewehr erreichen.

Kösen erlebte am 21. Oktober 1813 schwere Kämpfe zwischen den nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig westwärts fliehenden Franzosen und den sie verfolgenden alliierten Streitkräften.

Unsere Tour geht weiter über die Saalebrücke, von der aus man einen Blick auf das Wehr und das Gradierwerk nicht versäumen sollte. Im anschließenden, 1869 angelegten Kurpark fällt u. a. das 1911 eröffnete Kurmittelhaus auf. Leider bietet es heute keinen schönen Anblick mehr und auch der Baumbestand hat gelitten. Mancher wird sich noch an das Unwetter im Jahre 2005 erinnern, bei dem ca. ein Drittel der Bäume umstürzten bzw. beschädigt wurden.

Nun folgen wir wieder dem Saale-Radweg. Schon von weitem kann man die Rudelsburg und Burg Saaleck erkennen, die links des Weges hoch oben über der Saale thronen. Bevor wir Kleinheringen erreichen, passieren wir die Baustelle der neuen Saalebrücke, die im Zuge der Bad Kösener Ortsumgehung errichtet wird. Vor Kleinheringen biegt der Saale-Radweg links ab und bringt uns zum Hotel und Gasthaus Sonnekalb, wo man nicht nur Eierlikör aus Straußeneiern genießen kann. Wer lieber Thüringer Wein direkt beim Erzeuger kosten möchte, fährt noch ein Stückchen weiter bis nach Kaatschen zum Thüringer Weingut Zahn.

Hier nutzen wir einige Meter nach dem Queren der Saale den vor ein paar Jahren neu angelegten Verbindungsweg zur Ilm, deren Mündung in die Saale wir in Großheringen erreichen. Nun geht es die Ilm aufwärts, vorbei am Werk des Sanitärausrüsters Viega. An der Landstraße von Großheringen nach Bad Sulza verlassen wir den Ilmradweg und folgen ein kurzes Stück der Straße Richtung Großheringen, bis wir links den Abzweig nach Sonnendorf erreichen.

Jetzt kommt die erste große Herausforderung der Tour: bis auf die Höhe von Sonnendorf sind fast 100 Höhenmeter zu überwinden. Die Serpentine mit drei Kehren wird um so steiler, je höher man kommt. Noch vor der ersten Kehre kann man in der Ferne die auf der Sonnenkuppe in 235 Metern Höhe liegende Sonnenburg erkennen. Eine „richtige“ Burg ist das allerdings nicht, das Bauwerk wurde erst 1908 auf Anregung des Bad Sulzaer Verschönerungsvereins als Ausflugsgaststätte an der Stelle einer mittelalterlichen Burg errichtet. An der dritten Kehre, kurz vorm Erreichen des Gipfels, gibt es einen Aussichtspunkt mit einem herrlichen Blick ins Ilmtal. Ideal zum Verschnaufen nach der anstrengenden Fahrt.

An Sonnendorf vorbei radeln wir ein Stück auf dem Höhenrücken entlang, bis es links nach Rehehausen hinab geht. Hier ist Vorsicht geboten, die sehr unebene Straße besteht aus Betonschwellen und sollte nur langsam befahren werden. Ab dem Ortseingang von Rehehausen ist die Straße wieder asphaltiert und man erkennt schnell, warum man sich hier, nach eigenem Bekunden, im „schönsten Dorf der Welt“ befindet. Nicht umsonst hat der Ort erst kürzlich beim 11. Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ den zweiten Platz belegt. Wenn in zwei Jahren der 950. Jahrestag der Ersterwähnung ansteht, wird der rührige Heimatverein sicher wieder einiges auf die Beine stellen. Rehehausen wird in den Chroniken als eines der Dörfer genannt, dass im Oktober 1813 besonders unter den napoleonischen Truppen zu leiden hatte.

Von Rehehausen geht es mal bergauf und mal bergab nach Taugwitz. Auf halben Wege kann man rechts ein altes Steinkreuz bewundern. In Taugwitz erreichen wir die Bundesstraße 87 und das Schlachtfeld vom 14. Oktober 1806, das wir noch bis weit hinter Hassenhausen durchfahren werden. Damals traf hier bei dichtem Nebel der französische Marschall Davout mit seinem Korps unerwartet auf die ihm zahlenmäßig überlegene preußische Hauptarmee unter Führung des Herzogs von Braunschweig. Die Franzosen konnten die doppelte Übermacht der Preußen besiegen, was auf beiden Seiten viele Opfer kostete. Auch der Herzog von Braunschweig wurde von einer Kugel getroffen und starb vier Wochen später. Um nach Hassenhausen zu kommen müssen wir ca. 1,8 km Fahrt auf der Bundesstraße in Kauf nehmen. Etwa auf der Hälfte der Strecke steht rechts der Straße das Denkmal zur Erinnerung an den preußischen Oberbefehlshaber. Trotz der Bauarbeiten zur Bad Kösener Ortsumfahrung ist es gut zu erreichen. Anfangs stand das Denkmal auf dem Friedhof der Taugwitzer Kirche, 1815 wurde es dann an den jetzigen Standort umgesetzt.

In Hassenhausen, das im Hersfelder Zehntverzeichnis schon vor mehr als 1100 Jahren Erwähnung fand, steht rechts der Straße ein 1906 errichtetes Denkmal für die Gefallenen der Schlacht von 1806. Gegenüber, im ehemaligen Pfarrhaus, ist eine Ausstellung zu den Ereignissen vom Oktober 1806 zu sehen. Der Verein Gedenkstätte Hassenhausen 1806 e.V. hat diese eingerichtet.

Von Hassenhausen aus fahren wir auf einem landwirtschaftlichen Weg Richtung Norden nach Spielberg. Am Wegesrand kann man noch einmal einen Gedenkstein zur Schlacht von 1806 betrachten. Spielberg ist mindestens genau so alt wie Hassenhausen. Nördlich des Dorfes befand sich in alter Zeit auf dem 265 m hohem „Horchhaus“ eine Reichsburg, die u. a. dem Schutz der „Via Regia“ diente. Heute ist Spielberg ein schmuckes Dörfchen. Nicht nur die Wohnhäuser, sondern auch die Kirche ist dank der Bemühungen vieler Einwohner saniert worden. Am ebenfalls renovierten Pfarrhaus sucht man allerdings vergebens eine Gedenktafel, die auf einen besonderen Besucher hinweist. Hier geht es mal nicht um Napoleon. Am 6. November 1757 quartierte sich hier für drei Tage der preußische König Friedrich II. ein, nachdem er am Vortag die Schlacht bei Roßbach in der Nähe von Weißenfels zu seinen Gunsten entschieden und damit eine Wende im Siebenjährigen Krieg herbeigeführt hatte.

Am Spielberger Pfarrhaus vorbei fahrend, biegen wir nach rechts ab und folgen einem gut ausgebauten landwirtschaftlichen Weg bis wir an der Straße nach Hohndorf ankommen. Hinter Hohndorf erwartet uns eine schöne Talfahrt hinab nach Burgheßler. Der im Hasselbachtal liegende Ort hat seinen Ursprung wohl schon im Frühmittelalter. Vorbei am Gotischen Haus, welches am Ende des 15. Jahrhunderts erbaut wurde, erreichen wir den Hasselbachradweg, dem wir nun weiter folgen wollen.

Zunächst fahren wir durch ein liebliches Tal dem Ort Pomnitz entgegen. Am Ortseingang biegt der Hasselbachradweg links ab. Nach ca. 300 m entlang der Straße nach Obermöllern geht es dann rechts auf einem landwirtschaftlichen Weg weiter. Nun wird es wieder anstrengend, um die Höhe kurz vor Städten zu erklimmen. Danach rollen wir abwärts hinein in den Ort, wo man auf altem Kopfsteinpflaster ordentlich durchgeschüttelt wird. Auf der rechten Seite liegt ein historischer Gutshof, in dem sich heute das Weingut Napoleonhof befindet. Hier rastete der Kaiser am 21. Oktober 1813 nach seiner Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig. Zunächst bergab, dann wieder bergauf auf fast 200 m Höhe durchfahren wir als nächstes Größnitz, danach geht es ohne große Anstrengung hinab ins Unstruttal nach Balgstädt. Auf dem gegenüberliegenden Hang grüßt schon von weitem die Zscheiplitzer Klosterkirche.

Immer noch auf dem Hasselbachradweg durchfahren wir das weit über 1000jährige Balgstädt und kommen vorbei am Schloss und dann der Unstrut folgend zur Zeddenbacher Mühle, wo wir auf dieser Tour wieder einmal Napoleons Spuren begegnen. Eine Gedenktafel weist darauf hin, dass hier im Oktober 1813 Teile der bei Leipzig geschlagenen französischen Armee die Unstrut überquerten und weiter über Balgstädt nach Eckartsberga zogen. Andere französische Truppenteile und Napoleon selbst nutzten die Brücke an der Freyburger Schleuse.

Nun haben wir es bis zum Ziel bald geschafft. Wir radeln von Freyburg nach Großjena und genießen noch einmal im Blütengrund die bunt gefärbte Natur. An der Henne kann man die bekannten gastronomischen Möglichkeiten nutzen bevor die Saale überquert wird. Dann ist es über den Halleschen Anger nicht mehr weit bis zum Stadtzentrum, welches wir nach einer erlebnisreichen Tour von ca. 58 km Länge wieder erreichen.

Anmerkung: Der gpx-Track der Radtour kann über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. angefordert werden.

 

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