C- wie Crimmitschau

Freitag, 20. November 2014

Chronisches Chaos im Straßenverkehr am Freitagmittag. Aus der Neustraße komme ich nicht in der gewünschten Richtung raus und ich nehme einen Umweg.

Ach-ja, da ist noch diese nette Stimme: „Bitte wenden“ und ich weiß, dass ich Dinge tue, die ich nicht mag. Autofahren ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, schon gar nicht auf Straßen, die ich nicht kenne. Ich allein mit dem Navi, das ist auch Neuland. Heute Morgen gab es noch die Schlagzeile in der Zeitung: „Navi hat Frau auf Alm geführt“. Na und, vielleicht wollte sie ja dahin. Vorsichtshalber habe ich mir die Strecke bei Google Maps angesehen. Nicht über die Autobahn, weil 120 km meine eigene Vorgabe brechen. Über Zeitz, Altenburg, schön auf der B 180, schaffe ich es unter 80 km. Dem Navi habe ich gesagt, dass ich die kürzeste Route möchte, da werde ich mal gleich hinter Naumburg in die Pampa gelenkt. „Nein“ denke ich, „nicht mit mir“, ich bleibe auf der 180. Zumindest bis hinter Zeitz gelingt mir das. Dann werde ich unsicher. Altenburg ist nicht ausgeschrieben und ich soll links abbiegen – also doch in die Pampa. Nette Orte und geflickte Straßen, deren ausgebesserte Stellen so vielzählig sind, dass man fast meinen könnte, es mit Kopfsteinpflaster zu tun zu haben. Auf schmaler Wegstrecke muss ich rückwärtsfahrend Lastern den Vorrang einräumen. „Was tun die hier?“ frage ich mich und fühle mich wie in einer Konfrontationstherapie- „Ich und mein Auto“ - nein, Autofahren wird nicht zu meiner Leidenschaft.

Ziemlich genau nach den vorausberechneten 90 Minuten erreiche ich mein Ziel, das Landhotel Sperlingsberg, in Crimmitschau OT Gablenz. Die nach der Offerte im Internet erwartete Idylle ist es auf den ersten Blick nicht. Unweit einer sehr befahrenen Landstraße ein ausgebauter Bauernhof, der auf den erwähnten ersten Blick aussieht, wie ein... Bauernhof. Ich parke mein Auto vor dem Haus und begebe mich mit meinem Gepäck zur Rezeption. Nein - das ist keine nette Begrüßung. Alles kommt mir düster und zu rustikal entgegen. „Soll ich jetzt die Glocke bedienen?“ frage ich mich? Ein älterer Herr, der auf der Gaststättenterrasse sitzt, ruft die Chefin. Anmeldung, Schlüssel, Wegbeschreibung und die Frage, wann ich frühstücken möchte. Möchte ich hier auch Abendbrot essen, ist eine weitere Frage. Ich höre da ein „etwa“ raus, welches durch die Bemerkung, naja, man wird schon noch ein Plätzchen finden, bestärkt wird. Ich traue mich trotzdem für 17:00 Uhr einen Saunagang anzumelden. Das ist kein selbstverständlicher Wunsch, das spüre ich. Ich solle mich nochmal melden, ein Extrahandtuch würde ich dann bekommen. Ich nehme meinen Schlüssel und gehe eine ziemlich steile Treppe hinauf. Meine Fußverletzung von vor 14 Tagen bereitet mir noch immer ein paar Probleme, ich bin vorsichtig.

Ich werde diese Nacht in einem Mansardenzimmer verbringen! Schreibtisch, Truhe mit Kofferablage, Schrank auf der linken Seite. Korbbank und Tischchen rechts unter einem Fenster, unter der Dachschräge ein 140 cm breites Bett, das geht in Ordnung. Die hellen Holzmöbel haben schon einige Jahre auf dem Buckel, es macht aber alles einen sauberen und einladenden Eindruck. Allerdings steht ein Hausprospekt auf dem Schreibtisch, das wohl schon durch viele Gästehände gegangen ist, daneben ein kleines Stück Schokolade. Wie es da so auf dem Schreibtisch liegt, frage ich mich durchaus, „Wie lange liegt das schon hier?“ Würde es auf dem Kopfkissen liegen, hätte ich diesen Gedanken nicht. Der aber insgesamt positive Eindruck setzt sich auch im Badezimmer fort. Dusche, Waschbecken, WC und Mansardenfenster. Klein aber fein und alles sehr sauber.

In den zwei Stunden bis zum Saunagang will ich den Ort erkunden. Schöne Spaziergänge an den Gablenzer Seen sowie eine Gastronomie, die mit vegetarischen und veganen Angeboten, wie auch mit ihren Wildspezialitäten gesundheitsorientiert ist, wurden mir verspochen, das werde ich testen.

Für einen 14. November könnte das Wetter nicht besser sein. Wieder ein herrlicher Spätherbsttag. Die Bäume zieren noch immer goldene Blätter, die der Sonnenschein so richtig in Szene setzt. Am See mache ich ein Foto. See mit Bäumen und Kirche. Vielleicht ein Malmotiv für ein künftiges Bild. Gerd, dem ich das Foto schicke, sieht es auch schon in Öl. Wanderwege sind nicht zu erkennen. Ich gelange an einen Feldrain, eine eingezäunte Kuhweide zwingt mich auf die Winterfurche auszuweichen. Den Ort habe ich vor Augen und den Elektrozaun auch. Ich gelange zu einer Gartenanlage und frage einen älteren Herrn, der sich an seinem Kompost zu schaffen macht. „Nein, hier ist kein Durchkommen“, meint auch seine Frau. Entweder den ganzen Weg zurück oder einen Umweg um das Feld oder… Der Zaun wird ein Stück zur Seite geschoben und ich darf durch den Garten der beiden und durch die Anlage den kurzen Weg zum Ort nehmen. Danke dafür!

Wieder zurück im Hotel ist es Zeit, den Saunagang vorzubereiten. Ich habe kein Duschbad dabei und damit Pech gehabt. Am Waschbecken ist ein Seifenspender, in der Dusche nicht. Auch keine Extraportion Waschelexier irgendwo im Badezimmer. Von der Dusche aus erreiche ich den Seifenspender nicht. Also: mit Flüssigseife in der Hand in die Dusche, dann Dusche an und Seife weg. Egal, irgendwie dusche ich und frage mich: „Warum das?“ Im Bademantel geht´s nochmal runter zur Rezeption. „Wo ist eigentlich der Lichtschalter für das Treppenhaus?“ Ich tappe ziemlich im Dunkeln, daran ändert auch ein kleines Steckdosenlicht in Fußbodennähe nichts. Weiter vorn, an der Treppe finde ich einen Lichtschalter und stelle fest, dass es in unmittelbarer Nähe meiner Zimmertür tatsächlich keinen Lichtschalter gibt. Sollte sich meine Taschenlampenapp auf dem Handy nun doch noch bezahlt machen? An der Rezeption liegen Handtuch und Saunaschlüssel bereit. Die Sauna ist auf der Etage, wo ich wohne. Sie ist klein - wenn keiner liegt für vier Personen schätze ich. Der Tauchbottich ist ohne Wasser, einen Haken für den Bademantel finde ich nicht, aber alles ist sauber und da ich mich nicht im Wellnesshotel befinde, bin ich zufrieden. Die Saunanutzung kostet laut Prospekt 9,00 € zusätzlich. Da sie nun extra für mich angeheizt wurde und auch wieder sauber gemacht werden muss, empfinde ich das für angemessen. 18:45 Uhr bin ich bereit zum Abendessen. Die Chefin des Hauses steht an der Rezeption, die jetzt mit Licht nicht mehr einen so trostlosen Eindruck macht. Irgendwie ist Chefin jetzt lockerer, und auf meine Frage, ob man denn noch einen Platz für mich hat, ist alles kein Problem, ich soll mir einen Tisch aussuchen. Die Tochter des Hauses steht hinter dem Tresen und empfängt mich mit einer sehr natürlichen Freundlichkeit, auch ihr Mann, der sich gleichfalls um die Gäste kümmert, fragt während meines Aufenthaltes mehrmals, ob alles in Ordnung ist. "Bin ich hier als Mystery Gast aufgeflogen?“ Nein, die Gastwirtschaft ist das Element der Familie, das spüren hier alle Gäste. Für dieses Haus habe ich mich insbesondere entschieden, weil es sich zum einen in einem Ort mit „C“ befindet und weil ich zum anderen das Konzept, das ich wage als Unternehmensphilosophie bezeichnen würde, sehr trendig finde. Die Internetseite verspricht Regionales, Bio- Hirschspezialitäten aus eigener Zucht sowie vegetarische und vegane Küche. Letzteres passt genau in meine aktuelle Lebensphase und so bin ich auf die Speisekarte gespannt. Neben Hirsch in vielen denkbaren Zubereitungsarten, gibt es vier vegetarische Gerichte, drei davon vegan, nicht eingerechnet die Auswahl an Suppen und Salaten. Ich bestelle Nudeln mit lauwarmen Ratatouillegemüse, Kapernäpfeln, Oliven und Ricotta für 6,90 €. Dazu einen Schieler von Vincens Richter- Meissen, ein Rotling aus Müller-Thurgau, Kerner, Regent und Dornfelder. Ein Viertel für 8,00 €! Ich habe eine gute Wahl getroffen, das Essen, einschließlich dem Vorspeisensalat ist frisch zubereitet, interessant gewürzt, wohlschmeckend und reichlich. Am Nachbartisch sitzt eine Familie mit zwei studierenden Söhnen. Sie alle sind vom servierten Hirschbraten sehr angetan. Der Schieler schmeckt gut, aber nicht so überwältigend, dass ich unbedingt ein zweites Glas möchte. So lasse ich es bei dem einen und nehme als „Dessert“ ein kleines Hausbier, ein dunkles Mauritius aus Zwickau. Zufrieden begebe ich mich auf mein Zimmer, bezahlen möchte ich bei Abreise. Während ich den Tag am PC Revue passieren lasse, dudelt der Fernseher. Bier und Wein haben für die nötige Bettschwere gesorgt und es ist noch nicht 22:00 Uhr, als ich einschlafe. Ich schaffe es, mich früh 8:00 Uhr vom Handywecker wecken zu lassen und freue mich auf das Frühstück. Es ist mir schon klar, dass ich für 5,00 € Frühstückspreis nur ein bescheidenes Frühstück erwarten kann, ich hoffe jedoch auf eine Besonderheit, die dem Vegi-Bio-Konzept entspricht. Leider wird diese Erwartung nicht erfüllt. Ein Veganer hätte sich mit Margarinebrötchen und Kauflandmarmelade begnügen müssen. Ich muss das nicht. Kürbiskernbrötchen, Käse, Ei, Marmelade, und frisches Obst, Kaffee und ich bin zufrieden. Aber ein schöner veganer Brotaufstrich wäre schon ein Highlight gewesen. Ich packe meine Sachen, es geht an das Bezahlen. „VISA- bitte nicht, das kostet so viele Gebühren.“ Na gut, dann eben nicht. Auf der Rechnung fehlt das Abendessen. Da muss die Chefin erst nochmal nachfragen. Dass auf der Rechnung auch die Sauna fehlt, stelle ich erst fest, als ich schon auf der Landstraße bin. Nun-ja, Computer sind erfunden und handgemacht ist für die Küche super, für eine Hotelabrechnung vielleicht aber nicht so sehr. Übrigens präsentiert mir das Navi noch einen Aha- Effekt. Ich muss nicht die kürzeste Buckelpiste wählen, es gibt auch einfach die Option „Autobahn meiden“. Das probiere ich aus. 70 statt die 68 km bei der Hinfahrt aber 15 Minuten schneller und sehr entspannt gestaltet sich die Rückfahrt. Vielleich werden mein Auto und ich doch noch Freunde.

Kontaktdaten:

Landhotel Sperlingsberg
Sperlingsberg 2
08451 Crimmitschau OT Gablenz

www.landhotel-sperlingsberg.de

Wie beurteile ich das …

Landhotel Sperlingsberg Note (1-6)
Lage, Landschaft, Infrastruktur 3
Freundlichkeit der Mitarbeiter beim Empfang 2
Größe des Zimmers 1
Ausstattung des Zimmers 2
Schlafkomfort 1
Größe des Badezimmers 2
Ausstattung des Badezimmers 2
Sauberkeit Zimmer und Bad 1
Ambiente im Restaurant 2,5
Auswahl auf der Speisekarte 1
Qualität der Speisen und Getränke 1
Kompetenz der Servicemitarbeiter 1
Wellnessbereich 3
Parkmöglichkeiten 1
Gesamtambiente des Hauses 3
Preis-Leistungs-Verhältnis 2
Durchschnittsnote: 1,8

Was würde ich ändern, wenn das mein Hotel wäre?

  • Die künstlichen Blumen (immer wieder) im Zimmer und im Gastraum -gruselig- weg damit.
  • Zu viel „Stilmix“ im Restaurant. Die hübsche Baumscheibe mit den Frischblumen auf den Tischen wird von den karierten Tischdecken erschlagen, ähnlich geht es dem Zwiebelmustergeschirr zum Frühstück. Schief hängende Bilder an den Wänden, eine klare Struktur ist nicht zu erkennen.
  • Die Rezeption heller und einladender gestalten, (das Bild auf der Internetseite zeigt doch, dass es geht!). Den unordentlichen Prospekthalter mal gründlich aufräumen.
  • Eine Flasche Wasser oder zumindest ein Wasserglas (Wasser gibt’s dann aus der Leitung) und ein Duschbad gehören in das Zimmer.
  • Bewegungsmelder ins Treppenhaus, wenn der Lichtschalter nicht erreichbar ist, darf der Gast nicht in Dunkeln stehen
  • Ein wenig Gemütlichkeit in den Ruhebereich der Sauna, Decke, Musik und wo ist eigentlich der Lichtschalter für die Saunakabine versteckt?

Insgesamt habe ich eine Diskrepanz zwischen der durchaus ansprechenden Restaurantleistung und der Hotellerie empfunden. Ich meine, ein Vegi- Bio Konzept ist zukunftsträchtig, wird aber im Haus nicht so erlebbar gemacht, wie man es durch die Offerte im Internet erwartet.

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