Warum Besucher von Naumburg sich das Hausdach Markt 15 anschauen
27. November 2010
Geht man über den Naumburger Marktplatz, kann man immer wieder Gruppen von Gästen unserer Stadt dabei beobachten, wie sie das Dach des Hauses Markt 15 betrachten und ihrem Gästeführer andächtig zuhören. Worum geht es da eigentlich?
Nun, unter anderem um Kaiser Heinrich IV., den der Durchschnittsbürger maximal mit dem Canossagang im Jahre 1077 in Verbindung bringt. Doch die Geschichte, die vom Haus Markt 15 erzählt, muss schon wenige Jahre vorher begonnen haben, in dem Sachsenkrieg, der seinen Höhepunkt in den Jahren 1073 bis 1075 hatte.
Eine Naumburger Sage berichtet, dass in den Kriegen, die Kaiser Heinrich IV. mit den Sachsen führte, einst ein schwäbischer Heerführer mit vielem Kriegsvolk gegen die Stadt Naumburg zog. Die Bürger wehrten sich tapfer, und es dauerte lange Zeit, ehe die Schwaben die Stadt erstürmen konnten. Da der tapfere Widerstand der Naumburger die Schwaben gewaltig erbittert hatte, zerstörten sie alles und brannten die Stadt nieder. Einer Anzahl Bürger gelang es, in die nahen Wälder zu flüchten, doch wer gefangen wurde, starb einen grausamen Tod.
Als nun die Schwaben glaubten, dass kein Bürger dem Blutbade entkommen war, ließ der feindliche Feldherr laut verkünden, wenn noch ein Lebendiger in Naumburg zu finden sei, so solle er verschont werden. Nach dem dritten Ausrufe sah aus einem alten Befestigungsturm ein Sachse heraus und meldete sich.
So wurde dem Sachsen das Leben geschenkt. Nach dem Abzug der Feinde begab er sich wieder in den Turm und grub die Schätze aus, die bei der Belagerung von den Bürgern hier vergraben worden waren. Als sich nun die in die Wälder Geflohenen wieder einfanden, schenkten sie den Turm dem vom Feinde begnadigten Einwohner.
Zur Erinnerung an seine Rettung ließ er einen aus Holz geschnitzten Kopf mit einem sächsischen Helm anfertigen. So wie er zuvor, sollte der Kopf an der Stelle des Turmes zur Stadt hinschauen, von der aus er sich als letzter noch Lebender gemeldet hatte.
Viele Jahre später sollte der Turm abgerissen werden. Man übertrug die Aufgabe einem Armen, der sich aus den Steinen ein Haus bauen wollte. Als der den Kopf abnahm, merkte er, dass dieser hohl und im Inneren ganz mit Gold gefüllt war. Auf einer Tafel stand die Anweisung, dass derjenige, der einst den Kopf entfernt, das Gold behalten kann, aber den Kopf auf der höchsten Stelle des neuen Hauses anbringen soll. So geschah es, wie man noch heute sieht.
(Sage frei nach Naumburger Heimatblätter Nr. 5, 1992.)