"Herr schütte über dieses Haus die Frucht des edlen Friedens aus" …
9. Februar 2013
… ist auf dem Spruchband zu lesen, das ein Engel am Haus Herrenstraße 6 in Naumburg in den Händen hält.
Angebracht wurde dieses Relief im Jahre 1764 durch den damaligen Hausbesitzer, den Seifensieder Joh. Christian Schotte. Anlass war der ein Jahr zuvor beendete Siebenjährige Krieg (1756–1763), den manche Historiker als ersten Weltkrieg bezeichnen, weil an ihm nahezu alle europäischen Staaten beteiligt waren und gleichzeitig in Nordamerika und Asien gekämpft wurde. Die kriegsführenden Parteien wurden einerseits von Preußen und Großbritannien und andererseits von Österreich und Frankreich angeführt. Russland, Schweden und die meisten deutschen Staaten wie auch Sachsen, zu dem Naumburg gehörte, kämpften auf Seiten von Österreich und Frankreich. Während Preußen, Österreich und Russland hauptsächlich um die Vorherrschaft in Mitteleuropa kämpften, ging es für Großbritannien und Frankreich auch um die Herrschaft in Nordamerika und Indien. Etwa 600.000 Soldaten, darunter allein 180.000 Preußen kamen im Laufe des Krieges ums Leben, die Verluste unter der Zivilbevölkerung blieben ungezählt.
Unser Territorium hatte stark unter den Auswirkungen des Krieges zu leiden. Ständig wechselten die Truppen, die Naumburg besetzten und versorgt werden mussten. Dabei führten sich Sachsens Verbündete oft nicht besser als die Kriegsgegner auf. Häufig erfolgten Zwangsrekrutierungen und Geiselnahmen, um die Zahlung von Kontributionen und die Lieferung von Verpflegung und Ausrüstung zu erpressen. Naumburg mit seinen damals nur reichlich 6.000 Einwohnern hatte Kontributionen von vielen hunderttausenden Talern zu tragen. Da die verfügbaren Mittel dafür nicht ausreichten, mussten Darlehen aufgenommen werden, deren Tilgung noch mehrere Jahrzehnte nach Kriegsende andauerte und neue Steuern für die Bevölkerung zur Folge hatte.
In einem Bericht vom Februar 1763 heißt es: "Bleiern und düster, wie der Winternebel, lastet auch die Sorge auf den Gemütern der Bürger. Sechs lange Jahre schon wütet die Kriegsfurie im Lande. Zwar erhielt sich hartnäckig das Gerücht, daß vor wenigen Tagen endgültig Frieden geschlossen sei, doch wagte niemand an ein solch unerhörtes Glück zu glauben. Denn noch immer ruhten die Lasten des Krieges in aller Schwere auf den Schultern der hart geprüften Naumburger. Da gab es nach wie vor Hand- und Spanndienste zu leisten, und - was schlimmer war - immer neue Heerhaufen zu verpflegen, obgleich die Vorräte kaum für den eigenen Bedarf bis zur neuen Ernte reichten."
Und weiter: "Es war der 11. Februar dieses 1763, da die Publication wegen der nunmehrigen Aufhörung der Kriegslieferungen in hiesigem freyheitlichen Gerichts- und Rathauses geschah. Die Bewegung der Gemüter, und die Freude der Herzen war, bey Anhörung dieser erfreulichen Eröffnung, so lebhaft, und so groß, daß nachdem der erste Gerichtsbeysitzer, Herr Franz Heinrich Geyke, eine aus dem Stegreif gemachte aber rührende und wohlgefaßte Anrede an die ganze Versammlung gethan, alle Anwesende sich auf die Knie niederwarfen, Vater Unser, und Herr Gott, Vater im Himmel, erbarm dich usw. betheten."
Am 15. Februar 1763, also vor 250 Jahren, wurde zwischen Preußen und seinen Gegnern auf Schloss Hubertusburg in Wermsdorf (Sachsen) mit einem Friedensvertrag der Krieg beendet. Einen Tag später zog die letzte preußische Besatzung aus Naumburg ab und der Wunsch nach Frieden, wie er im eingangs zitierten Spruchband des Engels zum Ausdruck kommt, ging die nächsten vierzig Jahre in Erfüllung.