Auch eine katholische Volksschule gab es in Naumburg

6. November 2012

495 Jahre ist es nun her, seit Martin Luther seine 95 Thesen zu Ablass und Buße an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben soll. Dieser Termin wird gemeinhin als Beginn der Reformation der Kirche betrachtet. Luthers Gedanken breiteten sich bekanntermaßen schnell aus, auch Naumburg blieb davon natürlich nicht "verschont".

Schließlich kam es in unserem Dom am 20. Januar 1542 durch Luther zur Amtseinführung von Nikolaus von Amsdorf als weltweit erstem evangelischen Bischof.

Reichlich 300 Jahre später, am 26. Oktober 1857, wurde im lutherischen Naumburg, in dem es seit Jahrhunderten keinen katholischen Geistlichen mehr gegeben hatte, eine katholische Schule eröffnet. Wie kam es dazu?

Im Jahre 1855 wurde in Naumburg eine katholische Mission im Overwegschen Brüderstift errichtet, um den in der Gegend ansässigen Katholiken eine Möglichkeit zu schaffen, einen katholischen Gottesdienst zu besuchen. Zum Missionsbezirk gehörten die früheren Kreise Naumburg und Weißenfels sowie Teile der Kreise Querfurt und Eckartsberga.

Zwei Jahre später beschlossen der Pfarrer der Mission, Franz Haselhorst und der Kirchenvorstand die Errichtung einer katholischen Schule, ohne die übergeordnete Dienststelle, das Generalvikariat in Paderborn zu informieren und ohne eine Genehmigung der Bezirksregierung dafür einzuholen. Ein Lehrer, Heinrich Supperck, wurde eingestellt und so begann am 26. Oktober 1857 mit 16 Schülern im Overwegschen Brüderstift das erste Schuljahr. Die Einholung der Genehmigung für die Schuleröffnung war schnell nachgeholt, aber die Finanzierung blieb lange ein großes Problem. Bis zum 01. Oktober 1888 musste deshalb Schulgeld bezahlt werden, außerdem wurde bis zum 01. April 1880 auch Heizungsgeld einkassiert.

Das Overwegsche Brüderstift ging bald in das Eigentum der Stadt über. Der Magistrat kündigte der katholischen Kirche zum Osterfest 1858, um selbst an dieser Stelle eine höhere Mädchenschule einzurichten. Daraufhin mietete man für die Mission am 25. Februar 1858 von einem Ökonomen namens Löffler für 100 Taler in der Windmühlenstraße ein Schulzimmer und eine Lehrerwohnung sowie einen zur Webergasse hin gelegenen Kornboden als Raum für den Gottesdienst, das Ganze für drei Jahre. Löffler ließ den Kornboden auf seine Kosten instand setzen und feste Träger einziehen. Der erste Gottesdienst fand dort zu Ostern 1858 statt.
Schon ein Jahr später waren die Bemühungen um den Erwerb von Grund und Boden von Erfolg gekrönt. Am 16. Juli 1859 konnte der in der Salzstraße 26 gelegene Gasthof "Zur goldenen Eule" vom Ökonomen August Wolf für 5500 Taler gekauft werden. Im Gasthof wurden die Schule sowie die Pfarrer- und Lehrerwohnungen eingerichtet.

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Die Erwartungen an den Anstieg der Schülerzahl erfüllten sich zunächst nicht, bis 1893 blieb sie mit etwa 20 relativ konstant. Erst danach erfolgte ein deutlicher Anstieg auf ca. 40 im Jahre 1899 und 70 im Jahre 1906. Bis dahin wurden alle Schüler in einer Klasse von einem Lehrer unterrichtet. Bis 1936 stieg die Zahl der Schüler auf ca. 120, die in zwei Klassen von zwei Lehrern und bis 1939 in drei Klassen von drei Lehrern unterrichtet wurden.

Der Unterricht fand in den Fächern Religion, Deutsche Sprache, Rechnen und Raumlehre, Zeichnen und Realien (Geschichte, Geographie, Naturlehre und Naturgeschichte) statt. Am Sonntag war die Teilnahme am Gottesdienst Pflicht.

Schon frühzeitig erkannte man, dass nur die Umwandlung der privaten Schule in eine öffentliche die unsichere, auf Spenden basierende Finanzierung beenden und auf eine stabile staatlich geförderte Basis stellen könne. Deshalb bemühte man sich ständig um die Übernahme der Schule als öffentliche Konfessionsschule durch die Stadt. Während der Magistrat der Stadt durchaus gewillt war, diesem Anliegen zu entsprechen, lehnte die Mehrheit der Stadtverordneten dieses Ansinnen ab und war bestenfalls dazu bereit, die Zuschüsse anzuheben. Um eine gesetzlich mögliche Umwandlung in eine öffentliche Konfessionsschule zu erzwingen, war die Schülerzahl zu klein.

Nach 1933 verschlechterten sich die Bedingungen für die Schule drastisch. Obwohl im Reichskonkordat von 1933 die Beibehaltung und Neuerrichtung katholischer Konfessionsschulen sowie der katholische Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach vereinbart war, unternahm man seitens des Staates alle Anstrengungen, den Einfluss der Kirchen im öffentlichen Leben zurückzudrängen.

Mit der Begründung, es liege "kein Bedürfnis" für eine katholische Schule vor, ordnete der Regierungspräsident am 21. März 1939 die Auflösung der katholischen Schule zum 01. April 1939 an. Das war das Ende. Die Schüler wurden auf die öffentlichen Schulen Naumburgs verteilt.

(s. a. Alfred Tauer, Zur Geschichte der katholischen Kirche St. Peter und Paul in Naumburg/Saale)

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