Auf 64 km rund um Naumburg Zeugen einer 1000jährigen Geschichte entdecken

20. Juli 2021

In unserem Landkreis gibt es zahlreiche Burgen und Schlösser, deshalb trägt er auch seit 1994 den Namen Burgenlandkreis. Aber es gibt hier noch mehr zu entdecken: Städte und Dörfer mit einer reichen Geschichte, alte Kirchen und Klöster, technische und andere Denkmäler, Naturparks und liebliche Flusslandschaften. Eine gute Möglichkeit dafür bieten die Rad- und Wanderwege in der Region.

Ein Vorschlag für eine Entdeckertour mit dem Fahrrad, bei der u. a. fünf Burgen bzw. Schlösser zu erleben sind, soll hier unterbreitet werden. Natürlich kann man die Runde auch beliebig unterbrechen oder abkürzen.

0 StreckenverlaufStarten wollen wir auf Naumburgs schönem mittelalterlichen Marktplatz. Von hier aus nutzen wir zunächst den Saale-Radwanderweg flussabwärts, den wir immer in östlicher Richtung fahrend über die Jakobsstraße, den Curt-Becker-Platz und die Grochlitzer Straße erreicht. Schon nach kurzer Fahrt wird das Strandlokal „Alter Felsenkeller“ passiert. Gegenüber, auf der anderen Saaleseite, liegt das über 800 Jahre alte Dorf Schellsitz, das 1950 nach Naumburg eingemeindet wurde.

Weiter flussabwärts grüßt schon der 32 Meter hohe Bergfried der Schönburg, die auf einem Sandsteinfelsen ca. 40 Meter über der Saale hoch über dem gleichnamigen Dorf thront. Erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt, war sie ursprünglich im Besitz der Naumburger Bischöfe.

Bis in den Burghof hinauf, den wir nach ca. 5 Kilometern erreichen, kann man mit dem Fahrrad und etwas Kondition fahren. Diese Anstrengung wird mit einem herrlichen Blick auf das Saaletal und auf Naumburg belohnt. Noch schöner ist der Ausblick vom Bergfried, auf dessen Turmspitze man vorbei an einem schönen Kamin im Turmgemach gelangt. Ab 11 Uhr kann man sich auch in der Burgschänke stärken, die sich neben dem Tor zur Vorburg in der ehemaligen Försterei befindet.

Wenn man sich satt gesehen hat, fährt man auf dem asphaltiertem Saale-Radweg weiter rechts der Saale flussabwärts. Nach einem kleinen Anstieg hinter Schönburg führt der Weg unmittelbar an der Saale entlang. Auf der anderen Flussseite liegt das kleine Dorf Eulau, das vor über 1200 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wurde. Heute gehört es zur Stadt Naumburg.

Kurz danach gelangt ein imposanter Terrassenweinberg in unser Blickfeld, der Gosecker Dechantenberg. Seit 1080 stehen hier Weinreben, die ersten wurden von den Benediktinern angepflanzt. Heute ist der 3,5 Hektar große Dechantenweinberg eine der Weinbergslagen des Landesweingutes Kloster Pforta, an dem wir später noch vorbeifahren werden und den Wein auch verkosten können.

Doch zunächst erscheint am linken Saalehang das Schloss Goseck, unser nächstes Etappenziel. Auch wenn es greifbar nahe scheint, sind noch ca. 6 Kilometer zu absolvieren, um dorthin zu kommen.

Zunächst wird die denkmalgeschützte Oeblitzschleuse passiert, die nach 1790 im Zusammenhang mit der Schiffbarmachung von Saale und Unstrut gebaut wurde. Heute wird sie überwiegend touristisch genutzt. Direkt an der Schleuse mit Blick zum Schloss Goseck lädt eine Gaststätte zum Rasten ein.

Von hier sind es noch 3 Kilometer, auf denen man zuweilen von Graureihern beäugt die Saale entlang radelt, bis wir kurz vor der ca. 800jährigen Gemeinde Leißling, heute Ortsteil der Stadt Weißenfels, der Ausschilderung „Lobitzsch 1,0 km“ folgen. Über die 2016 erbaute Fährbrücke Leißling-Lobitzsch wechseln wir nun auf die linke Saaleseite, um vor dem Ortseingang Lobitzsch links abbiegend flussaufwärts dem Schloss Goseck entgegenzufahren. Die letzten 300 Meter vor dem Erreichen des Schlosshofes halten noch eine besondere Überraschung bereit, es sind 40 Höhenmeter zu überwinden, das Schild am Fuß des Anstiegs zeigt eine 20%ige Steigung an. Hier ist viel Muskelkraft oder noch besser ein Elektromotor gefragt, ansonsten muss man das Fahrrad hochschieben.

Im Schlosshof können wir dann erstmal verschnaufen und ein wenig über die Geschichte des Bauwerkes nachsinnen. Anstelle des Schlosses stand früher eine Burg, die erstmals vor über 1 200 Jahren erwähnt wurde. Gegen Mitte des 11. Jahrhunderts wurde die Burg abgerissen und an ihrer Stelle ein Benediktinerkloster errichtet. Nach der Säkularisierung des Klosters infolge der Reformation entstand hier ein Rittergut, anstelle des Langhauses der früheren Klosterkirche wurde Anfang des 17. Jahrhunderts das Schloss errichtet. Sehr empfehlenswert ist eine Besichtigung der sanierten Schlosskirche. Doch es gibt noch mehr zu entdecken. Neben der Schlossschenke mit Freisitz, die ab 11 Uhr geöffnet ist, befindet sich hier auch das Informationszentrum des Sonnenobservatoriums Goseck, an dem wir später noch vorbeifahren werden.

Vom Schloss aus müssen wir zunächst noch einen kleinen Anstieg überwinden, bis wir den Ort Goseck erreichen. Leicht abwärts rollen wir die Burgstraße hinab, bis links am Beginn der Hugo-Heinemann-Straße der Wegweiser zum Sonnenobservatorium erscheint. Wo die Asphaltstraße in einen Feldweg übergeht, ist rechts unten das Sonnenobservatorium zu sehen. Dabei handelt es sich um eine Kreisgrabenanlage aus der Zeit um 5 000 v. Chr. und damit das älteste Sonnenobservatorium Europas. Die seit 2003 freigelegte Anlage mit einem Durchmesser von 75 Metern, wurde rekonstruiert und kann seit Ende 2005 besichtigt werden.

Die nächsten 1,5 Kilometer folgt unser Weg dem schon erwähnten Feldweg, an dessen Beginn der Wegweiser „Freyburg 10 km“ anzeigt. Leider ist dieser Wegabschnitt von mittlerer bis schlechter Qualität, bis wir an die Landesstraße von Markröhlitz nach Naumburg kommen. Links abbiegend nutzen wir diese Straße für 400 Meter bis zur nächsten Kreuzung, dann biegen wir rechts Richtung Dobichau und Pödelist ab. Beide Dörfer sind heute Ortsteile der Stadt Freyburg. Die Pödelister Dorfstraße ist eine Pflasterstraße, die uns gehörig durchschüttelt und am Friedhof vorbei auch noch ansteigt. Noch ein wenig Geduld, dann ist ein Waldgebiet mit dem Namen „Alte Göhle“ erreicht. Auf schattigen Wegen folgen wir den Ausschilderungen Richtung Schloss Neuenburg, unserem dritten Etappenziel. Dabei wird auch eine interessante Informationstafel über das ehemalige Jagdschloss Klein-Friedenthal der Herzöge von Sachsen-Weißenfels passiert, welches sich früher in diesem Walde befand. Nach Querung der Freyburger Ortsumfahrung ist es nicht mehr weit bis zur Neuenburg. Auch hier können wir bis in den Hof der Vorburg hineinfahren.

Die im 11. Jahrhundert errichtete Burg mit ihrem weithin sichtbaren und ersteigbaren Bergfried, „Dicker Wilhelm“ genannt, wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrfach um- und ausgebaut. Sie konnte nach 1989 dank eines großen, auch privaten Engagements, vor dem weiteren Verfall geschützt und umfangreich saniert werden. Ihr Inneres wird als Museum genutzt, besonders sehenswert ist hier auch eine Doppelkapelle. In der Burgwirtschaft kann man sich stärken und die Edelbrennerei bietet Führungen und die Verkostung ihrer Produkte an.

Im Hof der Vorburg befindet sich noch eine besondere Attraktion: ein Ende des 17. Jahrhunderts errichteter Brunnen mit einer Tiefe von 102,40 Metern. Außerdem bietet sich hier ein sagenhafter Ausblick in das Unstruttal, vom Ort Nißmitz im Süden über Teile der Stadt Freyburg bis hin zum Ort Zscheiplitz mit seiner Klosterkirche aus dem späten 11. Jahrhundert.

Die vierte Etappe unserer Rundtour beginnt nach dem Verlassen der Vorburg und der Ausschilderung Talblick Haineberg folgend, mit einer Schussfahrt ins Unstruttal. Vorbei am Hotel Rebschule werden auf den ersten 900 Metern 65 Höhenmeter überwunden, gut eingestellte Bremsen sind hier überlebenswichtig! Unten angekommen wenden wir uns nach rechts und fahren stadteinwärts, bis auf der linken Straßenseite der Unstrut-Radwanderweg abzweigt, dem wir bis zur 1000jährigen Ortschaft Großjena folgen. Hier queren wir die Unstrut, später die B 180 sowie die Bahnlinie Naumburg-Nebra und erreichen Kleinjena. Ein Stück orteinwärts befindet sich linker Hand das Gebäude des hier ansässigen Rumpelstilzchen-Vereins. Links abbiegend immer am Hang entlang ist bald der Naumburger Ortsteil Roßbach in Sicht, ein Mekka für Weinliebhaber. Warum nicht in den Weingütern Frölich-Hake oder Herzer erstmal einen Wein verkosten? Allerdings sollte man vor dieser Entscheidung bedenken, dass wir hier nach 32 Tageskilometern erst die Hälfte unserer Tour absolviert haben.

Nun radeln wir am Fuße der Weinberge entlang der Kurstadt Bad Kösen entgegen. Dabei geht es auch am schon erwähnten Landesweingut Kloster Pforta vorbei, wo man auf fast 900 Jahre Weinbau durch die Zisterzienser zurückblicken kann. Weinbergs- sowie Kellerführungen und natürlich Weinverkostungen werden hier angeboten. Bald danach ist die Stadt Bad Kösen, heute Ortsteil von Naumburg erreicht. Auch Kösen hat eine wechselvolle Geschichte. Aus einem Vorwerk des Klosters Pforta hervorgegangen, spielte hier später die Flößerei eine große Rolle. Nach der Erschließung einer starken Salzquelle 1730 nahm man die Salzproduktion auf. Als diese an wirtschaftlicher Bedeutung verlor und man entdeckte, dass die Sole als Heilmittel gegen Atemwegserkrankungen wirkt, baute man das Kurgeschäft auf. 1868 erhielt der Ort Stadtrecht und darf sich seit 1935 Bad Kösen nennen. Besonders sehenswert im heutigen Kurort sind u. a. das Gradierwerk, der Soleschacht und das Doppelkunstgestänge.

Durch den Ort selbst gibt es mehrere Fahrmöglichkeiten. Entscheidend für unsere Tour ist, dass wir uns Richtung Saaleck bewegen. Hier, wo die Saale „ums Eck“ fließt, queeren wir in kürzester Zeit dreimal diesen Fluss. Oberhalb von Saaleck, das Mitte des 12. Jahrhunderts erstmalig urkundlich erwähnt wurde, erheben sich die Rudelsburg und die Burg Saaleck, unsere nächsten Etappenziele. Wir wollen die vorhandene Möglichkeit nutzen, diese Burgen nicht nur von unten, sondern auch von oben zu betrachten. Deshalb fahren wir nicht auf direktem Wege den Berg hinauf, sondern weiter Richtung Kleinheringen. Nach der dritten Saalequerung wird es wieder anstrengend. Nachdem wir links Richtung Rödigen abgebogen sind, liegen auf den nächsten 2,5 Kilometern knapp 100 Höhenmeter vor uns, bis wir den Ort Tultewitz, dem Namen nach slawischer Herkunft, erreicht haben. Links abbiegend ist es nicht mehr weit bis Kreipitzsch, dem höchsten Punkt unserer Tour. Doch zuvor gibt es noch eine besondere Aussicht zu genießen: die Rudelsburg und die Burg Saaleck liegen ganz klein zu unseren Füßen.

Vom kleinen Ort Kreipitzsch aus, einem früheren Gutshof der nahen Burgen und späterem Rittergut, geht es steil bergab. Hier ist Vorsicht geboten, da einige enge Kurven zu durchfahren sind und der Autor hier selbst schon erlebt hat, dass Hirsche oder Rehe den Weg queren. An der dritten Spitzkehre radeln wir bergauf zur Rudelsburg, auf deren Burghof wir über eine Brücke gelangen. Als Gäste sind wir hier gern gesehen, aber die Fahrräder müssen draußen bleiben.

Die im 12. Jahrhundert entstandene Rudelsburg soll im 14.  Jahrhundert durch Naumburger Truppen erobert und teilweise zerstört worden sein. Danach diente sie zeitweise als Wohnsitz verschiedener Adelsfamilien, bis der Dreißigjährige Krieg ihre vollständige Zerstörung brachte. Im 19. Jahrhundert wurde ihre Ruine zum Ausflugsziel und später Treffpunkt der Kösener Corpsstudenten. Allgemein bekannt dürfte sein, dass hier Franz Kugler unser schönes Volkslied „An der Saale hellem Strande“ verfasste.

Nach den 50 Kilometern, die bis hierher zurückgelegt sind, bietet es sich an, die Angebote des Burgrestaurants zu nutzen. Auch sollte man unbedingt vom Burghof aus einen Blick ins Saaletal werfen, die unten auf der Bahnlinie Halle-Erfurt entlangfahrenden Züge wirken klein wie Modellbahnen. Noch gewaltiger ist der Ausblick vom 20 Meter hohen Bergfried.

Frisch gestärkt können wir die letzten 14 Kilometer unserer Rundtour angehen. Abwärts rollen wir wieder nach Saaleck. Kurz vorher führt der Weg an der Burg Saaleck vorbei. Nur Mountainbiker können den Weg bis zu ihrem Eingang überwinden. Die beiden markanten und weithin sichtbaren runden Bergfriede der im 12. Jahrhundert erbauten Burg sind etwa 23 Meter hoch. Seit 2001 investiert hier der Heimatverein Saaleck e.V. viel Kraft und Zeit, um die Ruine für Besucher attraktiv zu machen. Im Ostturm werden immer wieder sehenswerte Ausstellungen präsentiert und vom Westturm kann man einen herrlichen Blick auf das Saaletal genießen.

Wieder in Saaleck angekommen, fahren wir auf dem Saale-Radwanderweg nach Naumburg zurück. Knapp 6 Kilometer vor unserem Ziel führt der Radweg direkt durch die Gaststätte Fischhaus hindurch. Wer sich hier nicht zu einer Einkehr verleiten lässt, erreicht 20 Minuten später, auf dem Radweg der Ausschilderung „Stadtzentrum“ folgend, wieder den Naumburger Marktplatz. Nach der Bewältigung von 64 Kilometern und ca. 570 Höhenmetern gibt es hier ausreichend Möglichkeiten zum Ausruhen und Genießen verschiedenster Speisen und Getränke.

Anmerkung: die gpx-Datei dieser Tour kann über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. abgerufen werden. Weitere empfehlenswerte Touren in der Region findet man unter https://drhenschel.de.

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